Schröders Rußpartikel
Schröders Rußpartikel
Die Autorepublik frißt ihre Kinder
Es erinnert an ein Dominospiel. Erst München und Stuttgart, dann Berlin und Düsseldorf und jetzt auch schon Cottbus und Potsdam. In wenigen Tagen wird es kaum noch eine deutsche Groß- und Mittelstadt geben, die nicht eingestehen muß, daß sie die EU-Richtlinie zur Begrenzung der Feinstaubbelastung entweder bereits verletzt hat oder kurz davor steht. Auf die Justiz kommt eine riesige Klagewelle von betroffenen Anliegern und Umweltverbänden zu, Politiker und Verwaltungen stehen angesichts der öffentlichen Empörung unter enormem Handlungsdruck, und auch die EU-Kommission scharrt bereits mit den Füßen.
Dies ist die Stunde für mehr oder weniger blinden Aktionismus und wortmächtige Fensterredner. Düsseldorf will ab Juni Fahrverbote für filterlose Dieselfahrzeuge erlassen, Grüne und CSU fordern in seltener Einmütigkeit Sonntagsfahrverbote, und auch der Ruf nach einer City-Maut wird wieder lauter. Parallel tobt der Streit um schnelle Steuererleichterungen für den Einbau von Rußfiltern und die Ausweitung ihres ohnehin erst für 2009 für PKW geplanten verbindlichen Einbaus auf LKW.
Alles schön und gut, aber dennoch deutlich zu kurz gesprungen. Das sich jetzt anbahnende Feinstaubdesaster ist schließlich nicht plötzlich vom Himmel gefallen. Es ist das Ergebnis der konsequenten Lobbypolitik einer über Leichen gehenden deutschen Automafia, die sich seit Jahrzehnten auf ihre willigen Vollstrecker in Landes- und Bundesparlamenten und -regierungen und aktuell besonders auf ihren Bundeskanzler verlassen kann. Schließlich hat Schröder nach Interventionen der Bosse persönlich dafür gesorgt, daß Deutschland die verbindliche schnelle Einführung von Dieselrußfiltern und ihre steuerliche Förderung verzögert. Dieses Kartell aus Wirtschaft und Politik gilt es zu knacken. Daß sich die exportabhängige deutsche Autoindustrie angesichts weltweit immer schärfer werdender Umweltstandards mittelfristig gewaltig ins eigene Fleisch schneidet, macht die Sache nicht besser.
Deutschland ist zwar keine Bananen-, aber dafür eine Autorepublik. Zeit für zivilen Ungehorsam also. Straßenblockaden in besonders belasteten Stadtteilen während des Berufsverkehrs könnten vielleicht ein paar Entscheidungsprozesse forcieren. Generell bietet der Widerstand gegen die fortschreitende Massenvergiftung auch Chancen, die weit über die aktuelle Dieselrußdebatte hinausgehen. Nötig wäre ein radikales Umsteuern in der Verkehrspolitik. Der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs in den Städten bei gleichzeitigen Restriktionen für den privaten Autoverkehr müßte ebenso dazu gehören, wie die forcierte Verlagerung von Transporten von der Straße auf die Schiene.
Quelle:
http://www.jungewelt.de/2005/03-31/002.php
Die Autorepublik frißt ihre Kinder
Es erinnert an ein Dominospiel. Erst München und Stuttgart, dann Berlin und Düsseldorf und jetzt auch schon Cottbus und Potsdam. In wenigen Tagen wird es kaum noch eine deutsche Groß- und Mittelstadt geben, die nicht eingestehen muß, daß sie die EU-Richtlinie zur Begrenzung der Feinstaubbelastung entweder bereits verletzt hat oder kurz davor steht. Auf die Justiz kommt eine riesige Klagewelle von betroffenen Anliegern und Umweltverbänden zu, Politiker und Verwaltungen stehen angesichts der öffentlichen Empörung unter enormem Handlungsdruck, und auch die EU-Kommission scharrt bereits mit den Füßen.
Dies ist die Stunde für mehr oder weniger blinden Aktionismus und wortmächtige Fensterredner. Düsseldorf will ab Juni Fahrverbote für filterlose Dieselfahrzeuge erlassen, Grüne und CSU fordern in seltener Einmütigkeit Sonntagsfahrverbote, und auch der Ruf nach einer City-Maut wird wieder lauter. Parallel tobt der Streit um schnelle Steuererleichterungen für den Einbau von Rußfiltern und die Ausweitung ihres ohnehin erst für 2009 für PKW geplanten verbindlichen Einbaus auf LKW.
Alles schön und gut, aber dennoch deutlich zu kurz gesprungen. Das sich jetzt anbahnende Feinstaubdesaster ist schließlich nicht plötzlich vom Himmel gefallen. Es ist das Ergebnis der konsequenten Lobbypolitik einer über Leichen gehenden deutschen Automafia, die sich seit Jahrzehnten auf ihre willigen Vollstrecker in Landes- und Bundesparlamenten und -regierungen und aktuell besonders auf ihren Bundeskanzler verlassen kann. Schließlich hat Schröder nach Interventionen der Bosse persönlich dafür gesorgt, daß Deutschland die verbindliche schnelle Einführung von Dieselrußfiltern und ihre steuerliche Förderung verzögert. Dieses Kartell aus Wirtschaft und Politik gilt es zu knacken. Daß sich die exportabhängige deutsche Autoindustrie angesichts weltweit immer schärfer werdender Umweltstandards mittelfristig gewaltig ins eigene Fleisch schneidet, macht die Sache nicht besser.
Deutschland ist zwar keine Bananen-, aber dafür eine Autorepublik. Zeit für zivilen Ungehorsam also. Straßenblockaden in besonders belasteten Stadtteilen während des Berufsverkehrs könnten vielleicht ein paar Entscheidungsprozesse forcieren. Generell bietet der Widerstand gegen die fortschreitende Massenvergiftung auch Chancen, die weit über die aktuelle Dieselrußdebatte hinausgehen. Nötig wäre ein radikales Umsteuern in der Verkehrspolitik. Der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs in den Städten bei gleichzeitigen Restriktionen für den privaten Autoverkehr müßte ebenso dazu gehören, wie die forcierte Verlagerung von Transporten von der Straße auf die Schiene.
Quelle:
http://www.jungewelt.de/2005/03-31/002.php
Gobsch - 31. Mär, 13:13
Trackback URL:
https://feinstaub.twoday.net/stories/601272/modTrackback